4. Bilanzkennzahlen
Einführung
Bilanzkennzahlen liefern wichtige Informationen über die finanzielle Stabilität und Leistungsfähigkeit eines Unternehmens. Sie analysieren die Vermögens- und Kapitalstruktur und helfen Investoren, Analysten und anderen Stakeholdern, die Solidität und das Risiko eines Unternehmens zu bewerten.
Wichtige Bilanzkennzahlen
1. Eigenkapitalquote
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Definition: Misst den Anteil des Eigenkapitals am Gesamtkapital und gibt Auskunft über die finanzielle Unabhängigkeit eines Unternehmens.
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Formel:
2. Fremdkapitalquote
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Definition: Zeigt den prozentualen Anteil des Fremdkapitals am Gesamtkapital und gibt Hinweise auf die Verschuldung.
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Formel:
3. Verschuldungsgrad
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Definition: Setzt das Fremdkapital ins Verhältnis zum Eigenkapital und zeigt, wie hoch die Schulden im Vergleich zum Eigenkapital sind.
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Formel:
4. Anlagendeckungsgrad I
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Definition: Zeigt, in welchem Umfang das Anlagevermögen durch das Eigenkapital gedeckt ist.
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Formel:
5. Anlagendeckungsgrad II
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Definition: Berücksichtigt neben dem Eigenkapital auch das langfristige Fremdkapital. Zeigt, ob das Anlagevermögen langfristig finanziert ist.
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Formel:
6. Liquidität 1. Grades (Barliquidität)
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Definition: Misst die Fähigkeit, kurzfristige Verbindlichkeiten sofort mit liquiden Mitteln zu begleichen.
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Formel:
7. Liquidität 2. Grades
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Definition: Berücksichtigt zusätzlich kurzfristige Forderungen und zeigt die Fähigkeit, kurzfristige Verbindlichkeiten in naher Zukunft zu begleichen.
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Formel:
8. Liquidität 3. Grades
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Definition: Umfasst das gesamte Umlaufvermögen. Zeigt die allgemeine Zahlungsfähigkeit des Unternehmens.
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Formel:
9. Working Capital
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Definition: Working Capital ist das Nettoumlaufvermögen eines Unternehmens und wird berechnet, indem die kurzfristigen Verbindlichkeiten von den kurzfristigen Vermögenswerten abgezogen werden.
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Formel:
10. Kapitalumschlag
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Definition: Misst die Effizienz der Kapitalnutzung zur Generierung von Umsätzen.
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Formel:
Kapitalumschlag = Umsatzerlöse ÷ Gesamtkapital
Bedeutung der Bilanzkennzahlen
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Finanzielle Stabilität: Eine hohe Eigenkapitalquote signalisiert finanzielle Unabhängigkeit und Widerstandsfähigkeit gegenüber Verlusten.
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Verschuldung: Ein hoher Verschuldungsgrad kann auf ein erhöhtes Insolvenzrisiko hinweisen.
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Anlagendeckung: Die Anlagendeckungsgrade zeigen, ob langfristiges Vermögen durch langfristiges Kapital finanziert ist, was ein Grundsatz der Bilanzierung ist.
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Liquidität: Die Liquiditätsgrade bewerten die Fähigkeit, kurzfristige Verpflichtungen zu erfüllen, was essenziell für die Fortführung des Geschäftsbetriebs ist.
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Effizienz: Der Kapitalumschlag gibt Auskunft darüber, wie effektiv ein Unternehmen sein Kapital einsetzt, um Umsätze zu generieren.
Beispielhafte Berechnung
Angenommen, ein Unternehmen hat folgende Bilanzdaten (in €):
Berechnungen:
Eigenkapitalquote (%)
(500.000 ÷ 1.000.000) × 100 = 50 %
Fremdkapitalquote (%)
(500.000 ÷ 1.000.000) × 100 = 50 %
Anlagendeckungsgrad I (%)
(500.000 ÷ 600.000) × 100 ≈ 83,33 %
Liquidität 1. Grades (%)
(100.000 ÷ 200.000) × 100 = 50 %
Liquidität 3. Grades (%)
(400.000 ÷ 200.000) × 100 = 200 %
Liquidität 2. Grades (%)
((100.000 + 150.000) ÷ 200.000) × 100 = 125 %
Verschuldungsgrad (%)
(500.000 ÷ 500.000) × 100 = 100 %
Working Capital
400.000 – 200.000 = 200.000 €
Anlagendeckungsgrad II (%)
((500.000 + 300.000) ÷ 600.000) × 100 = 133,33 %
Kapitalumschlag
2.000.000 ÷ 1.000.000 = 2
Interpretation der Ergebnisse
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Eigen- und Fremdkapitalquote zeigen eine ausgeglichene Finanzierung aus Eigen- und Fremdkapital.
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Verschuldungsgrad von 100 % bedeutet, dass auf jeden Euro Eigenkapital ein Euro Fremdkapital kommt.
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Anlagendeckungsgrade über 100 % signalisieren eine solide langfristige Finanzierung des Anlagevermögens.
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Liquidität 1. Grades von 50 % ist niedrig, während die Liquidität 2. und 3. Grades ausreichend sind, was insgesamt auf eine zufriedenstellende kurzfristige Zahlungsfähigkeit hindeutet.
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Working Capital von 200.000 € zeigt finanzielle Spielräume für operative Tätigkeiten.
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Kapitalumschlag von 2 bedeutet, dass jeder investierte Euro im Jahr zweimal als Umsatz realisiert wird.
Tipps für die Analyse
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Branchenvergleich: Kennzahlen variieren je nach Branche. Vergleiche daher immer mit Branchenstandards.
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Zeitliche Entwicklung: Analysiere die Kennzahlen über mehrere Jahre, um Trends zu erkennen.
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Ganzheitliche Betrachtung: Eine einzelne Kennzahl gibt kein vollständiges Bild. Kombiniere verschiedene Kennzahlen für eine umfassende Analyse.
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Qualitative Aspekte: Zahlen erzählen viel, aber nicht alles. Berücksichtige auch Marktposition, Managementqualität und externe Risiken.
Zusammenfassung
Bilanzkennzahlen sind entscheidend, um die finanzielle Gesundheit eines Unternehmens zu beurteilen. Sie bieten Einblicke in die Finanzierungsstruktur, Liquidität und Effizienz der Kapitalnutzung. Eine gründliche Analyse dieser Kennzahlen unterstützt bei Investitionsentscheidungen und der Identifikation potenzieller Risiken.